Kather nannte Pfingsten den Tag der Demut

von Norbert Block

Sebastian Peifer, Pfarrer aus Koxhausen in der Eifel und Geistlicher Beirat der Gemeinschaft Junges Ermland, greift in seinem Pfingstbrief an die Gemeinde den Begriff Demut auf und erinnert ein Prälat Arthur Kather, Kapitularvikar des Ermlands in Nachfolge von Bischof Maximilian Kaller. Kather hat Demut mit Pfingsten verbunden. Sebastian Peifer schreibt:

"Eine Aussage der letzten Tage hat in einem Wort vieles zusammengefasst und der Schreiber hat der Welt gewünscht, dass wir aus unserer aktuellen Situation eins lernen und zwar DEMUT. Das hat er genauso groß geschrieben, obwohl es eher mit Kleinsein zu tun hat. Da sträubt sich zunächst einmal alles. Und Demut scheint sowieso nicht zum Pfingstfest zu passen.

Die Apostelgeschichte erzählt von einem Brausen, das vom Himmel her wie ein heftiger Sturm daher fährt (Apg 2,1). Feuerzungen kommen über die Jünger. Diese kleine verstörte Truppe wird erfüllt vom Mut, traut sich auf die Straße. Und die Metropole Jerusalem nimmt Notiz von der kleinen Gruppe der Jünger Jesu. Das Sprachenwunder versetzt alle in Staunen. Man kann sich verstehen. Die Jünger reden die Sprachen aller Menschen.

Nein, diese Erzählung hat nichts Demütiges. Pfingsten macht stark, mutig. Pfingsten drängt nach draußen, lockert die Zungen.Pfingsten ist gewaltig. Und doch ist das nur die eine Seite der Medaille. Der Heilige Geist wird die weibliche Seite Gottes genannt. Der Geist ist stark und zugleich zärtlich. Er bewegt und schenkt Ruhe. Er erneuert mit dem Ziel aufzubauen. Er führt uns zu Gott, das ist seine mütterliche Aufgabe, dieses liebevolle Führen. Dazu gehört, dass er uns Demut lehren will. Im ersten Pfingstgottesdienst am Vorabend, wird Jahr für Jahr die Lesung vom Turmbau zu Babel vorgetragen (Gen 11,1-9). Menschen wollen groß sein, wollen sich einen Namen machen, sie wollen an Gott reichen. Der Turm zerbricht. Die Gemeinschaft der Menschen zerbricht. Was man mit vereinten Kräften beginnt, wird entzweit. Denn groß sein, Gott sein, kann doch letztlich immer nur einer.

Der Geist will, das wir Gott erkennen, nicht als unseren Konkurrenten, auch wenn Gott unbestritten über uns und an erster Stelle steht. Der Geist hilft uns in Gott den Vater, die Quelle, das Ziel finden. Es ist der Gott, der unser Leben will. Der uns darum in Jesus Christus entgegen gekommen ist und Menschen anspricht, aufrichtet, heilt. Der Heilige Geist setzt das fort, bringt Gott zu uns Menschen und uns Menschen zu Gott.

Es braucht nur unser Ja. Das Bekenntnis, das Gott der Herr ist, aber immer als der Abba, der liebe Vater. So hat Jesus ihn angeredet und so dürfen wir auch mit seinen Worten beten. Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe....

Dieses Gebet muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wir beten es meist nur schnell runter. Dein Wille geschehe. Wer das sagt, setzt Gott an die erste Stelle. Gott soll das Sagen haben in meinem Leben. Will ich das? Dazu gehört Demut. Aber wenn ich auf Jesus schaue und auf die vielen, die ihm gefolgt sind, dann kann ich nur sagen: Ja, genau dieser Gott soll in meinem Leben regieren und wirken. Denn dieser Gott ist Leben.

Dein Wille geschehe. Wo Gott wirken darf, wo sein Geist weht, verändert sich die Welt. Da finden Menschen Trost und können weitergehen. Da werden Menschen zufrieden und froh. Da gewinnen Verlorene Boden unter den Füßen, auf dem sie stehen können. Da werden Menschen fest und bleiben zugleich offen. Aber der Geist führt auch in die klare Entscheidung in den Glauben und das entschiedene Ja zu Gott. Er drängt mich, meinem Glauben Hand und Fuß zu geben und den Glauben in Werken der Nächstenliebe sichtbar zu machen.

Diese christliche Demut ist ganz groß. Sie schärft unseren Blick für Gott aber auch für meine Bedeutung in seinem Reich. Sie hilft mir meine Grenzen anzuerkennen und gleichzeitig Grenzen zu überwinden und zu beseitigen. In dieser Demut können Menschen einander helfen zu wachsen, groß zu werden. Wenn doch jeder diese Demut hätte!

Wir müssen Abstand halten. Noch. Und sicher wird dieser Zustand noch einige Zeit andauern. Aber der Geist hilft uns auch diese Durststrecken zu überwinden, ja sogar daraus zu lernen. Vielleicht ist es wirklich die Demut.

Prälat Arthur Kather (1883 – 1957) hat Pfingsten passend den Tag der Demut genannt. „Pfingsten ist das Fest der leeren Kelche, die auf die Fülle Gottes warten. Was die Welt in die Kelche schüttet, kann den Durst der Menschen nicht stillen. Es soll durchaus nicht geleugnet werden, dass das Angebot der Welt lockend genug sein kann, (…) es wird auch nicht bestritten, dass das Leben der Menschen, die nur an den Tischen der Welt speisen, mühelos und unbeschwerter sein kann. Und darum braucht es immer wider das Gebet um Klarheit und Kraft, das Gebet um die Erkenntnis, dass die Kelche auf den Tischen der Welt einmal leer leien, dass unser Durst nach dem Leben nur gestillt werden kann durch den Kelch der Liebe und des Heils, den Gott uns in der heiligen Wandlung zeigt.“ (Unser Weg in Gottes Herz, Münster 1963, 140ff).

Ich wünsche Ihnen in diesem Sinne voll Kelche und den Mut offen wie ein leerer Kelch zu sein. Gott will seinen Geist geben, immer wieder. Die Apostelgeschichte erzählt eindrücklich davon und wie dieser Geist bewegt. Das Kapitel davor weiß aber auch vom beharrlichen Gebet, dass sich genau an diesen Gott richtet, der mein Leben will – meine Hingabe an ihn und seine Fülle für mich.

Frohe Pfingsten!"

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