75 Jahre Wallfahrt der Ermländer nach Werl

von Norbert Block

75 Jahre nach der ersten großen Wallfahrt der Flüchtlinge und Vertriebenen in Werl (Nordrhein-Westfalen) kommen die gebürtigen Ermländer und deren Nachkommen am Sonntag, 8. Mai, erneut in dem Marienwallfahrtsort zusammen. Das Treffen steht in diesem Jahr unter dem Eindruck des Krieges gegen die Ukraine. „Bei der Erlebnisgeneration sind die Schrecken des Krieges – Tod, Vertreibung, Verschleppung, Vergewaltigung - wieder präsent“, sagt Norbert Block, Vorsitzender des kirchlichen Vereins Ermlandfamilie, der die Sonderseelsorge für die Ermländer organisiert. „Gleiches gilt auch für die Kinder- und Enkelgeneration, die aus den Erzählungen von dem großen Leid ihrer Vorfahren erfahren haben und dadurch auch geprägt wurden.“

Der von der Deutschen Bischofskonferenz ernannte Präses der Ermländer, Msgr. Achim Brennecke (Bergheim), ist in diesem Jahr Hauptzelebrant der Wallfahrt. Er ist dankbar für die große Hilfsbereitschaft der Bürger gegenüber den Menschen aus und in der Ukraine. „Sie brauchen unsere Unterstützung wie unsere Vorfahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges“, betont Brennecke. Bisher seien etwa 600.000 Menschen nach Deutschland als Flüchtlinge gekommen, nach 1945 seien es 12 bis 14 Millionen gewesen. „Aus unseren Erfahrungen wissen wir, dass die Ukrainer nach einem hoffentlich baldigen Ende des Krieges nicht auf materielle Hilfe angewiesen sind. Das seelische Leid der Menschen wird noch über Jahrzehnte nachwirken. Davon seien Kinder, Frauen und Männer wie deren Nachkommen gleichermaßen betroffen“, fügt Block hinzu.

Vor 75 Jahren, am 29. Juni 1947, hatte der ermländische Bischof Maximilian Kaller in Werl vor zehntausenden Flüchtlingen und Heimatvertriebenen, die unter widrigsten Umständen und unvorstellbarem Mühen nach Werl gekommen waren, seine letzte große Predigt gehalten. Bischof Kaller, der im Jahr zuvor von Papst Pius XII. zum Vertriebenenbischof ernannt wurde, fühlte sich an jene beeindruckende Zahl von Pilgern erinnert, die seinem Aufruf zu den großen Glaubenskundgebungen im Bistum Ermland (Ostpreußen) gefolgt waren. Seine Worte wurden zu einem geistlichen Testament, da er nur wenige Tage später – am 7. Juli 1947 – in Frankfurt/Main verstarb. Kaller appellierte an die Wallfahrer: „Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt! Tragt den Glauben, tragt die Liebe hinaus in das Land!” Im Jahr 2003 wurde unter Mitwirkung des damaligen polnischen Erzbischofs von Ermland, Dr. Edmund Piszcz, in Werl ein Seligsprechungsprozess für Bischof Kaller eingeleitet. 

Update:
Link zum Hochamt bei der Ermländerwallfahrt in Werl 

Link zur Ermländischen Vesper bei der Ermländerwallfahrt 2022 in Werl

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