Prälat Arthur Kather

Prälat Arthur Kather

Nach dem Tod von Bischof Maximilian Kaller ist Prälat Arthur Kather zum Kapitularvikar von Ermland (1947 - 1957) ernannt worden. Er war ein zutiefst pastoral engagierter Priester, der auch als Verwalter des Bistums nicht zunächst Organisator, sondern Bewahrer des Glaubens und stärkender Wegweiser für die in ganz Deutschland verstreut lebenden Diözesanen sein wollte.

Lebensdaten im Überblick:

1883 7.12. geboren in Prossitten, Kreis Rößel
1902 Abitur, Gymnasium Braunsberg
1906 11.02. Hl. Priesterweihe im Hohen Dom zu Frauenburg
1906 Februar. Kaplan in Peterswalde, Kreis Braunsberg, und Neuteich / Westpreußen
1908 Februar. Kaplan in Braunsberg
1914 August. Divisionspfarrer im Felde
1919 1. Halbjahr. Kaplan in Braunsberg
1919 2. Halbjahr. Benefiziat an St. Katharinen in Braunsberg mit dem Titel Pfarrer, Leiter des Diözesancaritasverbandes und Diözesanjugendpräses der männlichen Jugend
1924 01.04. Propst und Dekan von Elbing, Ernennung zum Geistlichen Rat
1940 12.09. Ausweisung innerhalb fünf Stunden durch die Gestapo aus Elbing und der Diözese Ermland
1940 Oktober. Aushilfe in der Seelsorge der Pfarrei Breslau-Hundsfeld (Wendelborn)
1945 Januar. Verwaltung einer Kaplansstelle in Hermsdorf, Kreis Waldenburg / Schlesien
1946 Mai. Vertreibung aus Schlesien
1946 Mai. Aufenthalt in der Diözese Paderborn
1946 August. Hausgeistlicher im Marienheim in Rulle, Diözese Osnabrück
1947 11.07. Kapitularvikar von Ermland
1949 Juni. Verlegung der Ermlandzentrale nach Honeburg, Osnabrück-Haste
1949 Februar. Ernennung zum Päpstlichen Hausprälaten
1953 Dezember. Ernennung zum Apostolischen Protonotar
1954 09.05. Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes in Werl
1957 25.07. Heimgang im Marienhospital in Osnabrück
1957 30.07. Totenamt im Hohen Dom zu Münster / Westf. Beisetzung auf dem Domherrenfriedhof neben dem Dom
Als Ehrengabe der Diözese gab es eine große Zigarre

Von Norbert Block

2017 hat sich der Todestag von Prälat Arthur Kather, Kapitularvikar von Ermland (1947- 1957), zum 60. Mal gejährt. Er wird nach dem Tod von Bischof Maximilian Kaller durch das Domkapitel gewählt  – mit der Besonderheit, dass lediglich Domherr Dr. Bruno Schwark abstimmen kann. Von den zum Ende des Zweiten Weltkrieges noch residierenden acht Domherren leben zu diesem Zeitpunkt nur noch zwei. Von dem nach Russland verschleppten Domdechanten und Generalvikar Dr. Aloys Marquardt gibt es allerdings kein Lebenszeichen mehr. „[B]ei seinem schwächlichen Gesundheitszustand mußte auch Dr. Marquardt für tot gehalten werden.“[1], schreibt Domkapitular Schwark. Erst im Dezember 1955 wird Marquardt aus der Gefangenschaft entlassen und kommt mit dem letzten Kriegsgefangenenzug in den Westen.[2]

Dass die Wahl zum Kapitelsvikar (Bistumsverweser) auf den ehemaligen Propst und Dekan von Elbing fällt, ist kein Zufall. Unmittelbar nach der Beisetzung von Bischof Kaller beraten die anwesenden ermländischen Priester beim Mittagessen im „Haus der Begegnung“ in Königstein/Taunus, wer für diese Aufgabe der geeignete Seelsorger sei. „Wer der Gewählte sein sollte, schien allen nicht schwer zu entscheiden.“[3], erinnert sich Schwark. Sich selbst kann er nicht wählen. Das lässt das Kirchenrecht nicht zu. „Also mußte es ein Herr außerhalb des Kapitels sein, und so gab es nur eine Meinung: ›Probst Kather von Elbing ist der Mann.‹“[4], so Schwark weiter. Arthur Kather kann vor Ort nicht widersprechen. Er ist bei der Beisetzung von Bischof Kaller nicht anwesend. Die Wahl selbst vollzieht Domherr Schwark an seinem Wohnort in Marxzell. Zur Beurkundung bittet er den Ortspfarrer Hall und den aus dem Böhmerland vertriebenen Dekan Riedel hinzu. „Alles muß doch seine Würde haben und … ›was nicht in den Akten ist, ist auch nicht in der Welt.‹“[5], schreibt Schwark.

Mit der Wahl ist es am Ende nicht getan. Propst Kather muss natürlich noch davon in Kenntnis gesetzt und zur Übernahme dieser verantwortungsvollen Aufgabe gebeten werden. Eine päpstliche Bestätigung ist dagegen nicht erforderlich. Gleichwohl wird der Vatikan über den Tod von Bischof Kaller und die Wahl von Arther Kather zum Kapitularvikar den kirchlichen Statuten nach informiert. Der Vatikan sanktioniert die Wahl am 15. Oktober 1947 und teilt dies durch den Apostolischen Administrator Aloys Münch in einem Schreiben vom 15. Dezember 1947 an Prälat Kather mit. In dem Brief heißt es unter anderem: „Um etwaigen formalrechtlichen Schwierigkeiten von Anfang an zu begegnen, hat der Heilige Vater gnädigst geruht, in Anbetracht der besonders gearteten Lage die vollzogene Ernennung und alle etwa von Ihnen vollzogenen Rechtsakte zu sanieren.“[6] Während die Vakanz eines Bischofsstuhls in der Regel von begrenzter Dauer ist, so ist in diesem Fall unklar, wie der Vatikan auf die Vakanz und die Nachfolge im Bischofsamt reagiert. Schließlich gibt es mit Thomas Bensch im Ermland bereits seit 1945 einen Apostolischen Administrator.

Propst Kather muss zuvor aber noch zur Übernahme des Amtes überredet werden. Dazu fährt Schwark zusammen mit dem Bischofssekretär Gerhard Fittkau nach Rulle bei Osnabrück. Beide haben zwar ihr Kommen angekündigt, nicht aber den Grund. „Ihr seid verrückt.“[7], soll Kather gesagt haben, als sie die frohe Botschaft übermittelt haben. Arthur Kather hat eine Nacht darüber geschlafen und dann offiziell die Wahl angenommen, das Glaubensbekenntnis abgelegt und als Geschenk der Diözese eine große Zigarre erhalten. Der Papst ernennt ihn im Februar 1949 zunächst zum Päpstlichen Hausprälaten, im Dezember 1953 zum Päpstlichen Protonotar.

Dass Kather zu höheren kirchlichen Ämtern berufen ist, scheint vielen schon zu seiner Zeit als Propst von Elbing aufgegangen zu sein. Bereits nach dem Tod von Bischof Augustinus Bludau im Jahr 1930 wird er als möglicher Nachfolger gehandelt. „Das wäre der richtige Bischof.“[8], zitiert Schwark in seinem Beitrag ungenannte Stimmen. Kather muss seine möglichen Ambitionen gar mit einem Dementi in der Zeitung von sich weisen. Nach Beendigung seines Amtes in Elbing will er lieber wieder als Dorfpfarrer arbeiten, heißt es.

Prälat Kather gilt während seines priesterlichen Wirkens als exzellenter Prediger, engagierter Seelsorger und bescheidener Mann. „Den Braunsbergern fiel von Anfang an die eigenartige Weise seiner Predigt auf“[9], blickt Geo Grimme zurück. „Hier spricht einer, der alles selbst so lebt und nimmt und tut, wie er es sagt.“[10] Er fügt hinzu: „Aber schon damals, wie bis zum letzten Wort Prälat Kathers in der Münsterlandhalle zu Münster am 21. Juli 1957, war es allen klar, daß jedes Wort mit seinem Herzblut gefüllt war.“[11] In ähnlicher Weise lobt ihn auch Jan Bewers, der unter Kather Kaplan in Elbing war. „Seine Predigten arbeitete er immer schriftlich aus. Die Gemeinde freute sich immer, wenn er ›dran war‹, und war auch jedesmal tief beeindruckt.“[12] Das bestätigt auch Sabine Werner, die 1936 als „Arbeitsmaid“ in das Lager Kuckucksgrund bei Elbing kam. Sie schreibt: „… die Worte von Prälat Kather waren wie kräftiges, köstliches Bauernbrot, nach dessen Genuß man sich herrlich gestärkt und gesättigt fühlt. Es waren Worte, hinter denen er mit seinem Leben stand, erlebte und erlittene Wahrheiten, echt und ohne jede Salbe, gewürzt durch Geist und Witz und in einer sehr lebensnahen Ausdrucksweise.“[13]

Gleiches gilt umso mehr in seinem Amt als Kapitularvikar. „Die Predigt nahm er immer sehr ernst. Wochenlang vorher wurde sie durchdacht und durchbetet – das war das wichtigste –, dann Wort für Wort mit der Hand aufgeschrieben und wortwörtlich auswendig gelernt.“[14], erinnert sich Konsistorialrat Ernst Laws. Er fügt hinzu: „Was hernach auf der Kanzel wie aus dem Augenblick gesprochen wirkte, war in Wirklichkeit sehr allmählich im Herzen ausgereift und vom Kopf bis auf das kleinste Wort überlegt formuliert. Und des kam an.“[15]

So manche seiner Predigten könnte man getrost in ähnlicher Weise heute halten. „Die Feiertage haben sie abgeschafft, weil mehr verdient werden müßte, aber im Tempo der Arbeit haben sie zugelegt. Die Ansprüche an den Menschen sind nicht kleiner geworden, die Ansprüche an das Leben größer. Der Mensch muß sehen, wie er damit fertig wird, mit der Arbeit und mit dem Leben. Aber es fehlen ihm ab und zu ein paar Tage der Besinnung.“[16], kritisiert Prälat Kather am Festtag der Opferung Mariens am 21. November 1956 die steigende Belastung insbesondere für Arbeiter und Angestellte.

Kather wird schon früh mit den Nöten der Menschen konfrontiert. Von Beginn des Ersten Weltkrieges an begleitet er als Divisionspfarrer die Soldaten an die Front. Schon bei der Abfahrt des Braunsberger Bataillons 148 nimmt er Soldaten wie Angehörigen die fröhliche Stimmung. Geo Grimme erinnert sich an sein Kindermädchen, die berichtet, wie nach der kurzen Ansprache von Kaplan Kather den Menschen „klar geworden sei, daß Krieg auch Blut und Leid und Abschiednehmen für immer bedeuten könne“[17]. Die Braunsberger seien danach „sehr still“ nach Hause gegangen.

Über seine Erlebnisse in diesem Krieg wird nicht viel berichtet. „Sein reiner, lauterer Charakter, seine tiefe Frömmigkeit, seine große Rednergabe, seine Unerschrockenheit und vorbildliche Tapferkeit in den Schlachten, vor allem sein seelsorglicher Eifer haben ihm damals die Herzen nicht nur seiner Gemeinde, sondern unzähliger Angehöriger der Division gewonnen.“[18], kondoliert Ernst Kuthning, der als evangelischer Militärpfarrer in diesen vier Jahren an seiner Seite war.

Bischof Bludau muss die soziale Ader von Arthur Kather erkannt haben. Denn nur wenige Monate nach dem Ende des Ersten Weltkrieges macht ihn der ermländische Oberhirte zum ersten Leiter des Caritasverbandes im Bistum. „Die große Not der Nachkriegsjahre bis zur Inflation machte eine organisierte Caritasarbeit notwendig, und Herr Pfarrer Kather schien dem Bischof als geeignet und das notwendig große Herz zu haben, das für diese Arbeit Voraussetzung ist.“[19], schreibt Geo Grimme.

Mit gleicher Leidenschaft setzt sich Kather später von April 1924 bis September 1940 als Propst von Elbing für die ihm Anvertrauten ein. „Diese Hirtenseelsorge, das Kümmern um den einzelnen Menschen, …, schien auf ganz Elbing übergegangen zu sein.“[20], erinnert sich Sabine Werner. „Mich schlug die Hirtensorge in den Bann, die sich nach Kräften mühte, den Fremden hereinzuholen, ihm in Kirche und Pfarrhaus ein Daheim zu bieten und dazu sein für ihn und seine Nöte.“[21]

Dem NS-Regime sind offenbar die Predigten von Propst Kather, seine regelmäßigen Veröffentlichungen im Ermländischen Kirchenblatt (Ausgabe Elbing und Umgebung), sein hohes Ansehen in der Bevölkerung, aber insbesondere seine Seelsorge an den polnischen Zwangsarbeitern ein Dorn im Auge. Er gilt als „entschiedener Gegner des totalitären Neuheidentums“[22], schreibt Mieczysław Józefczyk, von 1968 bis 2005 Propst von St. Nikolai in Elbing und Autor historischer Schriften, und fügt hinzu: „Er hütete sich zwar davor, in der Öffentlichkeit politisch scharf aufzutreten, aber das bedeutete nicht, daß er die Rechte des gläubigen Volkes weniger verteidigt hätte.“[23] Mit seiner bildhaften Sprache legt er in dieser Zeit wie auch später die Hand in die Wunde. „Man könnte wohl aus seinen Predigten und Aufsätzen noch heute rekonstruieren, welche Probleme und Dinge jeweils im Gespräch waren.“[24], lobt ihn Ernst Laws als Schriftsteller und Redner. Die hohe Zahl von Opfern, die der Zweite Weltkrieg bereits in den ersten Monaten fordert, brandmarkt Kather beispielsweise in seiner Kolumne „Von St. Nikolai“ im Ermländischen Kirchenblatt: „Die Sterbeglocke von St. Nikolai hat in dieser Zeit recht oft geläutet. Wir hatten noch niemals so viele Sterbefälle wie in diesem Monat. … Jeder frische Grabhügel ist eine Kanzel für die Predigt des Himmelfahrtstages. Jedes Begräbnis ist eine Predigt, die stärkeren Glauben an den Himmelfahrtstag fordert. Ohne diesen Tag wären die Friedhöfe nur Stätten des Grauens. Erst die Sonne dieses Tages verwandelt den Acker des Todes in einen Garten des Lebens.“[25]

Um ihn zu denunzieren beschuldigt die Gestapo Propst Kather des Kindesmissbrauchs. Als Zeugin dient ein geistig behindertes Kind. Kather kennt das Mädchen. Die Gestapo hat sie angeblich zur Aussage gebracht, dass der Propst sie im Beichtstuhl unsittlich berührt haben soll. Ernst Laws macht den Fall nach dem Tod Kathers im Ermländischen Hauskalender öffentlich.[26] Und er berichtet, wie Arthur Kather seine Unschuld zweifelsfrei belegen und die Geheime Staatspolizei blamieren kann. Bei einer vermeintlichen Tatort-Besichtigung zeigt Kather den offenbar nicht katholischen Gestapo-Leuten einen Beichtstuhl. Diese sehen, dass zwischen dem Sitzplatz des Beichtvaters und dem Knieplatz für den Beichtenden eine Holzwand ist, die nur ein paar Sprechlöcher hat. Die Ermittler sehen ein, dass ein Missbrauch im Beichtstuhl unmöglich ist. Zu seinem eigenen Schutz macht Kather den Fall in seiner eigenen Gemeinde publik. „Er erzählte uns von den Schwierigkeiten, die die Gestapo ihm machte, und den fadenscheinigen Gründen, mit denen er unmöglich gemacht werden sollte. Die Art seiner nüchternen Verteidigung, die den meisten Elbingern bekannt sein dürfte, fanden wir einfach wunderbar, …“[27], schreibt dazu Sabine Werner.

Kather „… gewann eine ungeheure Autorität in Elbing und war Salz für die Augen der Parteigewaltigen, die ihn auf verschiedene Art und Weise schikanierten.“[28], blickt Mieczysław Józefczyk auf das Leben seines Vorgängers zurück. „Weil Arthur Kather zu Beginn des Krieges die Seelsorge für polnische Zwangsarbeiter einführte, wies die Gestapo ihn und seinen beiden Kapläne Adolf Steinhauer und Johannes Evert am 12. September 1940 nicht nur aus Elbing, sondern auch aus dem Territorium der Provinzen Ost- und Westpreußen aus.“[29] Nur fünf Stunden bleiben den Priestern, um ihre persönlichen Dinge zu packen und sich von den Elbingern zu verabschieden.

Die Verbannung nach Schlesien hat Kather möglicherweise das Leben gerettet. Ihn trifft nicht das Schicksal vieler anderer ermländischer Priester, die beim Einmarsch der Roten Armee im Frühjahr 1945 getötet oder verschleppt worden sind. Als Seelsorger, die zunächst nur in der Pfarrei Breslau-Hundsfeld aushilft, von 1945 bis 1946 lediglich eine Kaplansstelle im schlesischen Hermsdorf verwaltet, tritt er für die jeweiligen Machthaber nicht so exponiert auf wie noch in Elbing. Nach seiner Vertreibung im Mai 1946 darf sich Kather zunächst im Erzbistum Paderborn und danach als Hausgeistlicher im Marienheim in Rulle bei Osnabrück regenerieren, ehe er vor eine neue große Herausforderung gestellt wird.

Bischof Maximilian Kaller hat die Zerstreuung lebenden Ermländer bereits erstmals im September 1945 mit einem Hirtenbrief zu erreichen versucht. Gleichzeitig ist er einen regen Briefwechsel mit Priestern und Laien geführt. Die Namen der Ermländer, mit denen er in Kontakt kommt, sind Grundlage einer ersten Kartei seiner Diözesanen. Auf diese aufbauend entsteht unter Kather eine umfangreiche Kartothek mit umfangreichen Informationen über die Ermländer in der Zerstreuung. Auch wenn für Kather der Bürokram ein Gräuel ist, wie sich Ernst Laws erinnert[30], so baut seine Arbeit auf diesen Daten auf. „[A]uf eines hat er schon in Elbing großen Wert gelegt, auf eine tadellos geführte Kartei. Denn sie ist ein unersetzliches Mittel der Seelsorge. Mit einer Sammlung ermländischer Adressen begann auch die Arbeit als Kapitularvikar.“[31], schreibt Laws.

Die ersten vorhandenen Anschriften nutzt Kather für den ersten von ihm noch im Juli 1947 verfassten Brief an die Ermländer.[32] Von Weihnachten 1947 an erscheinen die zunächst im A5-Format gedruckten Mitteilungsblätter vierteljährlich – Ostern, Pfingsten, Sommer und Weihnachten. Schon ab Weihnachten 1951 heißt die Publikation einheitlich „Ermlandbriefe“. „Kernstück bildete immer eine erstaunlich zeitgemäße Verkündigung, stets erweitert um stark religiös fundierte Reflexionen zu Alltagserscheinungen oder Gegenwartsfragen, nicht selten verbunden mit Heimaterinnerungen, ihnen folgten Mitteilungen der verschiedensten Art unter der Rubrik ›Rund ums Ermland‹ bis hin zu Familiennachrichten und den damals so wichtigen Suchanzeigen bzw. Bekanntmachungen über ostpreußische Heimkehrer.“[33], fasst Penkert die Inhalte dieser wichtigen Kommunikationsplattform der Ermländer zusammen. Und er fügt hinzu: „Von Anfang an ging es Arthur Kather darum, mit Hilfe dieser ›Ermlandbriefe‹, …, die Gemeinschaft der ostpreußischen Diözesanen zu erhalten bzw. nunmehr als eine Notgemeinschaft noch fester zusammenzuschweißen.“[34] Kather, der diese Gemeinschaft 1948 erstmals Ermlandfamilie nennt, bezeichnet die Briefe als „das wichtigste Bindeglied unserer Familie“[35]. Das unterstreicht auch Paul Hoppe, der für den seit November 1956 erkrankten Kapitularvikar das Leitwort in der Osterausgabe der Ermlandbriefe 1957 übernommen hat und darin über fortschreitende Genesung Kathers berichtet. „Ich wißt, daß die Ermländerbriefe Werk unseres lieben Prälaten sind. Sie bedeuten zusätzliche Seelsorge an uns Vertriebenen; sie schenken uns immer wieder Freunde und Kraft.“[36]

Der persönliche Kontakt zu dem ihm anvertrauten Ermländern hat Kather durch seine Teilnahme an Wallfahrten und anderen regionalen Treffen, die immer mit einem Gottesdienst verbunden  sind, gesucht. Zur größten Wallfahrt wird die nach Werl, zu der erstmals 1947 noch Bischof Kaller eingeladen hat.

Arthur Kather obliegt es auch, die Strukturen der Ermlandfamilie aufzubauen. Die Initiative zur Gründung des Jungen Ermland geht schon auf den April 1947 zurück. Das erste Treffen in Lippstadt fällt aber schon in seine Amtszeit als Kapitularvikar. Als ermländisches Hilfswerk wird der Verein Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung gegründet, der ab 1950 auch den Ermländischen Hauskalender in Tradition von Julius Pohls Hauskalender herausgibt. In Helle bei Balve entsteht das Maximilian-Kaller-Heim mit dem Ziel, junge Ermländer in landwirtschaftlichen Berufen auszubilden. Aus dem Jungen Ermland heraus bildet sich das Junge Ermländische Landvolk, aus dem später der Ermländisches Landvolk e.V. wird. 1956 organisiert das Junge Ermland erstmals zwei Ostertagungen. Die Kar- und Ostertage der Älteren sind in Helle. Daraus bildet sich der Ermlandkreis Helle. 1954 wird der Historische Verein für Ermland wiederbegründet. Nicht zuletzt bilden die ermländischen Lehrer, die in Braunsberg ausgebildet wurden, einen Verein.

Um den vielfältigen Aufgaben gerecht zu werden, kündigt Kather im Sommerbrief der Ermländer 1951 die Gründung eines Ermländerrates an. Der Beirat soll aus sechs Priestern und neun Laien bestehen. Quasi als Vorstand soll daraus ein Arbeitsausschuss von zwei Priestern und drei Laien gebildet werden.[37]  Ein Jahr später, am 30. August 1952, treffen sich in Königstein/Taunus 37 Persönlichkeiten der Ermlandfamilie. Es sind Priester und Laien, die gemeinsam und auf Initiative von Kapitularvikar Prälat Arthur Kather über die Zukunft der Ermlandarbeit nachdenken wollen. Es konstituiert sich der Ermländerrat mit Kather als stimmrechtslosen Vorsitzenden.[38] „Kann der Kapitularvikar sein Amt nicht mehr wahrnehmen, so ist es die besondere Aufgabe des Ermländerrates, für den weiteren Zusammenhalt der Ermländer mit allen Kräften zu sorgen.“[39], blickt Kather voraus, ohne zu wissen, dass die Ermländer im Jahr 2012 vor eine solche Situation gestellt werden, da kein neuer Visitator durch die Deutsche Bischofskonferenz ernannt wird.  

Große Sorgen bereiten dem Kapitularvikar die Vakanzen im ermländischen Domkapitel. „Von vielen Seiten wird die Frage gestellt, ob er nicht das Domkapitel ergänzen wolle.“[40], schreibt Andre Schmeier in seiner Diplomarbeit. „Auf der einen Seite glaubt er aus kirchenpolitischen Gründen Rücksicht auf die Kirche im Ermland nehmen zu müssen; auf der anderen Seite hält er sich auch kirchenrechtlich nicht dazu befugt.“[41] Mehr als ein Jahr vor der Rückkehr von Domherr Marquardt aus der Kriegsgefangenschaft gibt der Kapitularvikar daher bei Professor Klaus Mörsdorf, Direktor des Kanonistischen Instituts der Universität München, ein Gutachten zu dieser Frage in Auftrag. „Kather lässt sich von dieser Stellungnahme ermutigen und entschließt sich nach über einem weiteren Jahr Bedenkzeit zur Ernennung von Domkapitularen.“[42] Dies kündigt er den ermländischen Priestern in einem Schreiben im Dezember 1955 an. „Bewerbungen brauch Ihr nicht einschicken.“[43] Obwohl die Kapitelsvikare von Breslau und Schneidemühl ihrerseits schon Konsistorialräte ernannt haben, tut dies Kather erst am 28. Dezember 1956 im Marienhospital in Osnabrück. Gerhard Fittkau, Ernst Laws, Paul Hoppe und Josef Lettau legen am gleichen Ort am 11. Februar 1957 „den … vorgeschriebenen Amtseid, sowie die Professio fidei und den Antimodernisteneid ab. Jetzt steht dem Kapitularvikar ein Domkapitel mit zwei und ein Konsistorium mit vier wahlberechtigten Mitgliedern zur Seite, und die Frage der Nachfolge ist gesichert.“[44]

Vier Tage vor seinem Tod hält Kather seine letzte Ansprache. „Wenn ich die ermländischen Kreise in ihrer Gemeinschaft sehe, dann weiß ich, daß das Kreuz dazugehört. … Es bindet euch zusammen, es verhindert, daß ihr auseinanderfallt in vier Richtungen. Es hat im Ermland immer gegolten. Es hat verhindert, daß ihr auseinandergefallen seid.“[45], ist sein Vermächtnis, dass er den katholischen wie evangelischen Teilnehmern aus den vier ermländischen Kreisen in Münster mit auf den Weg gibt. „Wir haben nicht eine Rede, sondern sein Vermächtnis gehört; wir erlebten den Abschied eines bereits von höherer Freude gezeichneten Hirten von seiner lieben Herde, die nun fern der Heimat zum zweiten Mal in Verlassenheit sinkt.“[46], betont Dr. Peter Paul Nahm, Staatssekretär im Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, in einem Beileidsschreiben.

Am Tag nach dem Treffen in Münster arbeitet Kather an der Sommerausgabe der Ermlandbriefe. In seinem letzten Beitrag „Rund ums Ermland“ entschuldigt er sich dafür, dass er nicht mehr zu allen Treffen gekommen ist. „Meine Managerkrankheit verliere ich nicht, alles ist verbraucht und verschlissen. … Ich schreibe das nicht deswegen, daß ich mich bemitleiden sollt, es geht mir so gut wie längst nicht Euch allen, aber ihr sollt wissen, daß es nicht Faulheit ist, wenn ich jetzt so wenig tue. Es geht nicht mehr.“[47], sind Kathers letzte Sätze, die erst nach seinem Tod veröffentlicht werden. Über Nacht bekommt er Fieber. Der herbeigerufene Arzt stellt eine Lungenentzündung fest und überweist ihn ins Marienhospital nach Osnabrück. Noch dort will er fehlende Aufsätze für die Ermlandbriefe schreiben. Doch am 25. Juli gegen 16.15 Uhr stirbt er. Unter großer Anteilnahme von Ermländern, Bischöfen und weiteren hochrangigen Vertretern des Klerus sowie Repräsentanten  des Staates erfolgt am 30. Juli das Totenamt im Hohen Dom zu Münster.

Große persönliche Besitztümer hat Prälat Kather sich zeit seines Lebens nicht angeeignet. Sein Arbeitszimmer auf Gut Honeburg ist einfach ausgestattet. Doch dem Kapitularvikar ist es – wie Ernst Laws berichtet  – schon zu „reich“. „Alles in diesem Zimmer, vom Kreuz und der Lampe auf dem Schreibtisch bis zum Bild an der Wand und dem Lichte auf dem Regal – alles sind Geschenke. Er hat nichts gekauft.“[48] In seinem Testament schreibt Kather: „Ich bin froh, daß ich so wenig zu hinterlassen habe.“[49] Sein Nachfolger als Kapitularvikar von Ermland, Paul Hoppe, fügt mit Blick auf die materielle Bescheidenheit Kathers hinzu: „Wir wissen, wie es gemeint ist. Prälat Kather hat die Dinge dieser Welt nie gesucht, er hat uns durch sein ganzes Priesterleben gezeigt, was davon zu halten und wie das alles zu gebrauchen ist. Hiervon ist also wenig vorhanden.“[50]

Das Erbe Arthur Kathers ist dennoch ein Großes. „In Wirklichkeit aber hat er uns sehr viel hinterlassen: Die Ermlandfamilie, die auch außerhalb der Heimat zusammenhält, eine Gemeinschaft, deren Glieder sich trotz der Zerstreuung innerlich und äußerlich verbunden wissen. Diese Einheit kommt her von dem Glauben an Christus und aus der Einigkeit mit ihm.“[51], wie Paul Hoppe schreibt.

Arthur Kather hat es in seinem Testament selbst so formuliert: „Was die Heimat uns mitgab, ist wertvollstes Vermögen, drückende und beglückende Verpflichtung. Gott segne die Arbeiter der Nachfolger!“[52]



[1] Dr. Bruno Schwark: Wie wir unsern Kapitelvikar holten, in: Ermländischer Hauskalender  1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 41f.

[2] Alfred Penkert: Ermland in der Zerstreuung, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung e.V., Münster, 2000,  Seite 15.

[3] Dr. Bruno Schwark: Wie wir unsern Kapitelvikar holten, in: Ermländischer Hauskalender  1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 42.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Protokollbuch des Konsistoriums, Ablage: Konsistorium, Archiv Ermlandfamilie e.V.

[7] Dr. Bruno Schwark: Wie wir unsern Kapitelvikar holten, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 44.

[8] Dr. Bruno Schwark: Wie wir unsern Kapitelvikar holten, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 42.

[9] Geo Grimme: Braunsbergs Kaplan Kather, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 18f.

[10] Ebd.

[11] Ebd.

[12] Jan Bewers: Kaplanserinnerungen an Propst Kather, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 30

[13] Sabine Werner: Wie ich Propst Kather sah, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 40.

[14] Ernst Laws: Ermlands Kapitularvikar, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 52.

[15] Ebd.

[16] Arthur Kather: Die letzte Wallfahrtspredigt unseres Herrn Prälaten – gehalten am 21. November 1956 zu Hamburg, in: Ermländischer Hauskalender Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 8f.

[17] Geo Grimme: Braunsbergs Kaplan Kather, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 19.

[18] Ebd., Seite 20.

[19] Ebd., Seite 22.

[20] Sabine Werner: Wie ich Propst Kather sah, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 38.

[21] Ebd.

[22] Mieczysław Józefczyk: Elbing und Umgebung unter zwei totalitären Regimen 1937-1956, abgedruckt in: Unsere Ermländische Heimat, Beilage des Historischen Vereins für Ermland, in: „Ermlandbriefe“, Ausgabe Sommer, 1998, Apostolischer Visitator für die Ermländer, Münster, 1998, Seite X.

[23] Ebd.

[24] Ernst Laws: Ermlands Kapitularvikar, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 55.

[25] Arthur Kather: Von St. Nikolai, Ermländisches Kirchenblatt (Ausgabe Elbing und Umgebung), 5. Mai 1940; in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 28.

[26] Ernst Laws: Die Verleumdung, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 34ff.

[27] Sabine Werner: Wie ich Propst Kather sah, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 39.

[28] Mieczysław Józefczyk: Elbing und Umgebung unter zwei totalitären Regimen 1937-1956, abgedruckt in: Unsere Ermländische Heimat, Beilage des Historischen Vereins für Ermland in „Ermlandbriefe“, Ausgabe Sommer, 1998, Apostolischer Visitator für die Ermländer, Münster, Seite X.

[29] Ebd.

[30] Ernst Laws: Ermlands Kapitularvikar, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 48.

[31] Ebd.

[32] Alfred Penkert: Ermland in der Zerstreuung, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung e.V., Münster, 2000,  Seite 21,

[33] Ebd.

[34] Ebd.

[35] Arthur Kather: O.T., in: Ermländer Osterbrief 1948, Der Kapitularvikar von Ermland, Rulle über Osnabrück, 1948, Seite 1ff.

[36] Paul Hoppe: Grüß Euch Gott, liebe Ermländer!, in: Ermlandbriefe, Ostern 1957, Der Kapitularvikar von Ermland, Osnabrück-Haste, 1957, Seite 1.

[37] O.A.: Der Ermländerrat, wie er geplant ist, in: Sommerbrief der Ermländer 1951 (17), Der Kapitularvikar von Ermland, Osnabrück-Haste, 1951, Seite 12f.

[39] O.A.: Der Ermländerrat, wie er geplant ist, in: Sommerbrief der Ermländer 1951 (17), Der Kapitularvikar von Ermland, Osnabrück-Haste, 1951, Seite 13.

[40] André Schmeier: Die Entwicklung der Diözese Ermland zur Apostolischen Visitatur in der Bundesrepublik Deutschland unter kirchenrechtlichem Aspekt, Münster, 1995, Seite 53.

[41] André Schmeier: Die Entwicklung der Diözese Ermland zur Apostolischen Visitatur in der Bundesrepublik Deutschland unter kirchenrechtlichem Aspekt, Münster, 1995, Seite 53f.

[42] André Schmeier: Die Entwicklung der Diözese Ermland zur Apostolischen Visitatur in der Bundesrepublik Deutschland unter kirchenrechtlichem Aspekt, Münster, 1995, Seite 55.

[43] Arthur Kather: Brief an die ermländischen Priester vom Dezember 1955, Archiv Ermlandfamilie e.V.

[44] André Schmeier: Die Entwicklung der Diözese Ermland zur Apostolischen Visitatur in der Bundesrepublik Deutschland unter kirchenrechtlichem Aspekt, Münster, 1995, Seite 56.

[45] Arthur Kather, 21. Juli 1957, in: Die letzte Ansprache des Herrn Prälaten, Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 73.

[46] Dr. Peter Paul Nahm, 26. Juli 1957, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 74.

[47] Arhtur Kather: Rund ums Ermland, in: Ermlandbriefe, Sommer 1957, Der Kapiturlarvikar von Ermland, Osnabrück-Haste, 1957, Seite 2.

[48] Ernst Laws: Ermlands Kapitularvikar, in: Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 59.

[49] in: Sein Vermächtnis, Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 95.

[50] Paul Hoppe: An meine lieben Ermländer!, in: Ermlandbriefe, Weihnachten 1957, Der Kapitularvikar von Ermland, Osnabrück-Haste, 1957, Seite 1.

[51] Ebd.

[52] in: Sein Vermächtnis, Ermländischer Hauskalender 1958, Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung, Osnabrück, 1958, Seite 95.

Prälat Paul Hoppe

Prälat Paul Hoppe

Prälat Paul Hoppe wird nach dem Tod von Prälat Arthur Kather zum neuen Kapitularvikar von Ermland (1957 bis 1972) ernannt. Nach der vom Vatikan vorgenommenen kirchlichen Neuordnung wird Prälat Paul Hoppe zum Apostolischen Visitator für Klerus und Gläubige aus der Diözese Ermland (1972 bis 1975) ernannt. Er gilt als ein Mann der pastoralen Praxis, ein Priester, dessen ganzes Leben von der Diaspora bestimmt und ein Priester, der stets den Menschen sehr nahe gewesen war.

Lebensdaten im Überblick:

1900 22.06. geboren in Berlin-Charlottenburg
1925 19.07. Priesterweihe durch Bischof Augustinus Bludau in Frauenburg. Priesterlicher Dienst in Rastenburg, Elbing (St. Nikolai), Goldap, Königsberg (HI. Familie)
1945 Generalvikar für den sowjetisch besetzten Teil der Diözese Ermland, ernannt durch Bischof Maximilian Kaller
1947 Ausweisung durch die sowjetische Besatzungsmacht
1948 Pastor in Wilster/Schleswig-Holstein, Diözese Osnabrück
1957 29.7. Kapitularvikar von Ermland in der Nachfolge von Prälat Arthur Kather, Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz
1961 Das Ermlandhaus in Münster wird Zentrale der Ermländerseelsorge
1964 Teilnehmer am 2. Vatikanisches Konzil in Rom
1972 28.06. Neuordnung der ostdeutschen Diözesen: Apostolischer Visitator
1975 Ruhestand in Stegen bei Freiburg, 1977 in Freiburg-Kappe
1982 Verleihung der Bonifatiusplakette durch die Deutsche Bischofskonferenz
1985 19.07. Diamantenes Priesterjubiläum
1986 Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1988 30.07. Verleihung des Preußenschildes der Landsmannschaft Ostpreußen
1988 25.09. Prälat Hoppe stirbt im Alter von 88 Jahren in Freiburg i. Br.
Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof in Freiburg-Kappel.

Prälat Johannes Antonius Josef Schwalke

Prälat Johannes Schwalke

Prälat Johannes Schwalke wird nach dem Wechsel von Prälat Paul Hoppe nach erreichen des 75. Lebensjahres in den Ruhestand Nachfolger und Apostolischer Visitator Ermland (1975 - 1998). Zuvor war er bereits drei Jahre als Priester im Ermlandhaus tätig. Als Seelsorger ist er seinen anvertrauten Ermländern immer sehr nahe gewesen. Wo immer er als Priester gefragt war, war er für die Menschen dar. So oft er konnte hat er Gottesdienste überall in Deutschland und im Ermland mit seinen Ermländern gefeiert. Als Geistlicher Beirat der Gemeinschaft Junges Ermland hat er auch die jungen Menschen geprägt.

Lebensdaten im Überblick:

1923 Geboren und getauft im Marienwallfahrtsort Dietrichswalde, Kr. Allenstein, Ostpreußen
1951 Priesterweihe für Ermland in Freiburg / Br. durch Erzbischof Wendelin Rauch
1951 Seelsorgedienst als Kaplan
1958 Seelsorgedienst als Pfarrverweser in der Erzdiözese Freiburg / Br.
1973 Pfarrer im Ermlandhaus in Münster
1975 Apostolischer Visitator und Nachfolger von Prälat Paul Hoppe
1998 Wechsel in den Ruhestand und gleichzeitiges Erlöschen des Amtes des Apostolischen Visitators Ermland
1999 Während der Vakanz bis zum 31. März 2000 bleibt der Alt-Visitator auf Wunsch des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Kommissarischer Leiter der Visitatur Ermland
2007 29.10. Prälat Schwalke stirbt im Alter von 84 Jahren in Daun / Eifel
und wird auf dem dortigen Friedhof beigesetzt.
„Ermländer von echtem Schrot und Korn“

Von Norbert Block

Ein Vierteljahrhundert lang ist Prälat Johannes Schwalke als Apostolischer Visitator die wegweisende Gestalt der Ermlandfamilie. Als er Ende Oktober vor zehn Jahren stirbt, ist die Anteilnahme wie die Dankbarkeit groß. Insbesondere die jungen Ermländer, denen er zusätzlich von 1973 bis 1994 als Geistlicher Beirat zur Seite steht, hat er geprägt. Mit seiner Gradlinigkeit macht er sich dabei nicht immer Freunde. Er ist streitbar und manchmal auch verletzend. Aber er ist authentisch und ein Seelsorger, der viele in den Bann zieht und dabei stets die Glaubensgrundsätze der katholischen Kirche im Blick hat.

Seine große Marienfrömmigkeit wird ihm quasi schon mit der Geburt in die Wiege gelegt. Im Wallfahrtsort Dietrichswalde wird er am 10. Januar 1923 geboren. Als Kind und Jugendlicher wird er vertraut mit den Marienerscheinungen, von denen die 13-jährige Justyna Szafrynski und die zwölfjährige Barbara Samulowski  im Jahr 1877 berichtet haben. „Zeitlebens ging er der Frage nach, ob dort vor mehr als hundert Jahren die Muttergottes den Kindern erschienen sei. Er glaubte es, ›ich habe alles geprüft.‹“[1], schreibt der ehemalige Vorsitzende des Ermländerrates, Norbert Matern, in einem Nachruf. Später als Apostolischer Visitator initiiert Schwalke die Pilgerfahrten ins Ermland, die immer im September rund um die jährlichen Höhepunkte im Wallfahrtskalender von Dietrichswalde liegen. Es ist ihm wichtig, dass Deutsche und Polen gemeinsam an diesem Ort beten. Immer wieder gibt es auch Begegnungen zwischen den Wallfahrern und dem polnischen (Erz-)Bischof.

Auch zu den Wirkungsstätten anderer Seliger und Heiliger pilgert er in seiner Freizeit. „Unter all den Heiligen des Himmels verehrte Prälat Schwalke besonders die Frauen und unter ihnen die drei Kirchenlehrerinnen: Katharina von Siena, T[h]eresa von Ávila und Thérèse von Lisieux. Aber eine ganz besondere Passion war ihm die französische Nationalheilige Jeanne d’Arc. Er pilgerte auf ihren Wegen, studierte die Gerichtsakten und wohl alle Biographien; er war fasziniert von ihr.“[2], schreibt sein langjähriger Mitarbeiter Norbert Polomski.

In Guttstadt und Rößel besucht Johannes Antonius Josef Schwalke, der in einer Lehrerfamilie groß wird, das Gymnasium und schließt mit dem Abitur ab. In Königsberg und Danzig studiert er danach Medizin. Nach drei Semestern wird er 1942 als Sanitäter zum Wehrdienst eingezogen. Das Kriegserlebnis, die Vertreibung und die Not der Nachkriegsjahre  hinterlassen Spuren. „Studium, Soldatenzeit, ungläubige Umgebung und Spott bleiben nicht ohne Einfluß. Kapitulation, Vertreibung, Gefangenschaft – das Beten schrumpfte bis zum Nullpunkt.“[3], blickt Johannes Schwalke zurück. Ein evangelischer Priester sorgt während der Kriegsgefangenschaft für einen entscheidenden Impuls. Es sei nicht selbstverständlich, „jeden Tag etwas zu Essen zu bekommen. Sei es dann nicht auch gut zu danken, wenn man dann etwas bekommt?“[4], so lautet die Frage des Soldatenseelsorgers. „Der hat recht, denke ich. … Es kostet was, das erkannte Gute auch zu tun. Tischgebet mit Kreuzzeichen und roten Ohren – niemand lacht.“[5]  Und er spürt seine Ausstrahlung. „Bei der nächsten Mahlzeit sitzen Kameraden am Tisch, die das Kreuzzeichen mitmachen. … Dann stürzen Fragen auf mich ein: … Ohne Katechismus, ohne Hl. Schrift krame ich aus dem Gedächtnis, was ich noch ausgraben kann.“[6] Er hat in diesen Monaten viel Zeit zum Nachdenken. „Wie ein dürres Land nach dem Regen lechzt, so gewinne ich Heilige Schrift, Glauben und Beten zurück.“[7], erinnert er sich. Zwei Priester, mit denen er im Lager in Kontakt kommt, raten ihm zum Theologiestudium. Die Entscheidung dafür macht er sich aber nicht einfach. Im Jahr 1946 wird er aus französischer Kriegsgefangenschaft entlassen. „Durch Schuttaufräumen am zerstörten Priesterseminar in Freiburg hat er sich die ihm zunächst verweigerte Aufnahme ins Theologiestudium erkämpft.“[8], berichtet Johannes Preuß, Dekan des Konsistoriums Ermland. Erzbischof Wendelin Rauch weiht ihn schließlich am 24. Juni 1951 ausdrücklich zum Priester der Diözese Ermland. 22 Jahre dient er danach als Seelsorger im Erzbistum Freiburg, zunächst als Kaplan in Muggensturm, Mannheim (St. Elisabeth), Konstanz (St. Gebhard), Reilingen und Pforzheim und ab 1958 als Pfarrverweser in Schellbronn, Wertheim/Main und Neulußheim.[9]

Sein Amtsvorgänger als Apostolischen Visitator, Prälat Paul Hoppe, holt ihn 1973 als Jugendpfarrer ins Ermlandhaus. Johannes Schwalke wird Geistlicher Beirat der Gemeinschaft Junges Ermland. Es wird ein Amt, das er länger innehat als ihm lieb ist. Mit einem Augenzwinkern bezeichnet er sich selbst zu Beginn der 1990er Jahre als den ältesten Jugendseelsorger innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz.

Es ist für ihn viele Jahre auch eine Doppelbelastung, denn Papst Paul VI. ernennt Johannes Schwalke am 11. März 1975 zum Apostolischen Visitator für die Ermländer. Im Dekret der Hl. Kongregation für die Bischöfe heißt es: „Was den Klerus betrifft, hat der genannte Apostolische Visitator das Recht der persönlichen Jurisdiktion mit allen Vollmachten, die den residierenden Bischöfen vom allg. Recht zukommen, ausgenommen jene, die die Bischofsweihe erfordern; diese Jurisdiktion wird gemeinsam ausgeführt mir der des Ordinarius, in deren Gebiet sich jene Priester aufhalten.“[10] Schwalke wird am 26. April 1975 auch zum Apostolischen Protonotar ernannt, unter anderem mit dem Recht Brustkreuz, Ring und Mitra tragen zu dürfen. Er steht damit in der Tradition seiner Vorgänger Arthur Kather und Paul Hoppe, der ihm persönlich bereits bei einer Sitzung des Konsistoriums Ermland am 10. April 1975 ein bernsteingeschmücktes Brustkreuz überreicht. Die offizielle Amtseinführung erfolgt durch den Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz für die Vertriebenenseelsorge, Bischof Heinrich Maria Janssen (Hildesheim), am 28. Juni 1975 in der Klosterkirche der Katharinenschwestern in Münster

„Prälat Johannes Schwalke ist einer von uns, ein Ermländer von echtem Schrot und Korn. Er spricht unsere Sprache und kennt sich im Ermland und auch in seinen Menschen aus.“[11], lobt ihn der Dekan des Konsistoriums Johannes Preuß und fügt hinzu: „Wir danken ihm, dass er jetzt die Last und Verantwortung des neuen Amtes auf sich genommen hat. Er weiß genau um diese Last.“[12] Das Amt bedeute Diener und Kreuzträger zu sein. „Er hat bewußt sein Ja dazu gesagt.“[13]

Schwalke gehört mit der Ernennung zum Apostolischen Visitator der Deutschen Bischofskonferenz an – zunächst noch mit Stimmrecht, später als beratendes Mitglied. Die Herabstufung schmerzt ihn. „Als er dort mit den übrigen Visitatoren das Stimmrecht verlor, kränkte ihn das, als er wiederum mit den übrigen Vertretern der Heimatvertriebenen im Zuge der neuen Ostpolitik aus der Bischofskonferenz ausgeschlossen wird, verletzte es ihn tief.“[14], erinnert sich Norbert Martern. Dabei sind die Beratungen der deutschen katholischen Oberhirten für ihn manchmal nur schwer zu ertragen. Oftmals eckt er – wie er selbst gelegentlich eingesteht – in dem Gremium an, vor allem dann, wenn es traditionelle Grundsätze der römisch-katholischen Kirche zu verteidigen gilt oder wenn es um Belange der Heimatvertriebenen und deren Nachkommen geht. „Als Prälat Schwalke noch Mitglied der Bischofskonferenz war, lohnte es sich immer, besonders aufmerksam hinzuhören, wenn er das Wort ergriff. Er sprach nie zu seinen Gunsten, aber immer für die Seinen, die ihm anvertraut waren. Er wird mit in der Wahrnehmung unserer Kirche in Deutschland fehlen.“[15], erinnert sich der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner. Die Änderung des Status der Bischofskonferenz, die zu seinem Ausscheiden aus dem Gremium führt, trifft ihn hart. „›Nun hat uns auch noch die Kirche vertrieben‹, sagte er unter vier Augen.“[16], erinnert sich Norbert Matern. Und er fügt hinzu: „Bei seinem Abschied in der Bischofskonferenz fürchtete dieser so stolze und standhafte Priester, in Tränen auszubrechen. Nicht seiner selbst wegen, sondern weil er diese offenkundige Mißachtung seiner so trau katholischen Ermländer kaum ertragen konnte.“[17]

Während seiner Amtszeit ist der Oberhirte ununterbrochen unterwegs zu seinen in ganz Deutschland zerstreuten Ermländern. Es soll kein Ermländertreffen geben, bei dem nicht ein Gottesdienst gefeiert wird. So sagt er sogar als Hauptzelebrant für die Trauung eines jungen ermländischen Paares ab, weil er für ein Ermländertreffen an einem anderen Ort keinen Priester gefunden hat, die Trauzeremonie aber von einem anderen Geistlichen vollzogen werden kann. Selbst nach Südamerika reist er, um Ordensschwestern ermländischer Abstammung in Brasilien zu besuchen.

Schwalke versteht es wie kaum ein anderer, Kinder, Jugendliche und Erwachsene religiös zu prägen. „Er konnte die Symbolik von liturgischen Handlungen mit einprägsamen, leicht verständlichen Worten und Gesten erklären. Unvergessen bleiben seine Einführungen in die Osterliturgie, die er bei der Gemeinschaft Junges Ermland und beim Ermlandkreis Helle gehalten hat.“[18], sagt der Vorsitzende des Ermländerrates, Norbert Block, in seiner Würdigung bei der Trauerfeier 2007 in Daun.

„Sein Glaube steckte an. Seine täglichen Rituale gaben dem Tag eine feste Struktur.“[19], berichtet Norbert Polomski, der ihn wie kaum ein anderer kennengelernt hat. „Seine Frömmigkeit war so schlicht, so einfach: Da war die tägliche heilige Messe, der Engel des Herrn, der Rosenkranz und die Tages-Heiligen als Vorbilder gottgefälligen Lebens. Eine schlichte Struktur, eine alltagstaugliche Gläubigkeit, die wenn man nachfragte, Prälat Schwalke mit fundierter Theologie vertiefte.“[20], fügt Norbert Polomski hinzu. Zu Schwalkes Ritualen gehört auch das „Desinfizieren“ seiner Gäste im Ermlandhaus in Münster. „Prälat Schwalke holte eine Flasche Korn oder Wodka, goss die Gläschen ein, reichte sie den Besuchern und bemerkte: ›Man weiß ja nicht, was hier ins Haus so eingeschleppt wird. – Prost!‹“[21] Die Gastfreundschaft gilt auch Fremden. „Wer anklopft, dem wird geöffnet!“ (Lk 11,10) wird von ihm im täglichen Alltag praktiziert. „Ein Bedürftiger bekam immer seine belegten Brote; so gab es schon eine gewisse ›Stammkundschaft‹, die der ›Herr Pfarrer‹ nahezu täglich versorgte.“[22], berichtet Schwalkes ehemaliger Mitarbeiter. Tag und Nacht ist der Prälat auch für seine Ermländer zu erreichen. Eine geheime Telefonnummer lehnt er kategorisch ab. „Er als Priester müsse zu jeder Zeit für jeden Menschen, der in Not sei, erreichbar sein.“[23], gibt er seinen Angestellten deutlich zu verstehen.

Das Herz des Apostolischen Visitators schlägt während seiner gesamten Amtszeit für die Jugend. „Weil er die klare Aussprache liebte, kein Jota von der katholischen Lehre abwich, genoß er großen Respekt bei den Jugendlichen, auch wenn sie sich oft anders verhielten, als es sich ihr Prälat wünschte.“[24], schreibt Norbert Matern. Die Arbeit in den Gremien wie Ermländerrat, Ermländervertretung, Konsistorium Ermland sowie Führungsrat und Führungskreis der Gemeinschaft Junges Ermland fällt ihm oftmals nicht leicht. Seine zunehmende Schwerhörigkeit sorgt dafür, dass er bei Beratungen auch aufbrausend werden kann, weil er manche Dinge falsch versteht. Und doch nimmt er Gedanken, Wünsche und Ideen anderer auf, macht sie – wenn er davon überzeugt ist – zu seinen eigenen. Selbst Unmögliches wird möglich. So darf mit seinem Wohlwollen ein evangelischer Christ in den Führungskreis der katholischen Jugendgruppe Gemeinschaft Junges Ermland. Einfach hat er sich diese Entscheidung nicht gemacht. Aber er scheint eine Vorahnung gehabt zu haben. Denn der junge Mann ist später konvertiert und hat sich von Schwalke katholisch trauen lassen.[25]

„Schwalkes Stunde kam, als er zum polnischen Bischof von Ermland/Warmia Kontakt aufnahm. Die beiden Männer verstanden sich und begannen gemeinsam ihr großes Versöhnungswerk. Dem polnischen Erzbischof Edmund Piszcz brachte es später das große Bundesverdienstkreuz ein, Schwalke erhielt das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.“[26], würdigt Norbert Matern diese Herzensangelegenheit des Apostolischen Visitators. Zu Piszcz nimmt Schwalke schon kurz nach dessen Ernennung zum Bischof von Ermland – sie erfolgt am 22. Oktober 1988 – auf. Zwei Glücksfälle helfen. Zum einen ist der politische Umbruch in Europa in Polen bereits spürbar, zum anderen verfügt Piszcz über sehr gute Deutschkenntnisse, da er unter anderem in Mainz studiert hat. Beide werden zu Brückenbauern zwischen deutschen und polnischen Ermländern.

Emotionaler Höhepunkte sind der 5. und 6. Juni 1991. In der Herz-Jesu-Kirche in Allenstein gibt es auf Einladung von Bischof Edmund Piszcz den ersten deutschsprachigen Gottesdienst für die deutsche Minderheit im Ermland seit Jahrzehnten. Hauptzelebrant ist der Apostolische Visitator Ermland. Piszcz, der Papst Johannes Paul II. an diesem Tag in Allenstein begrüßen darf, lässt sich durch Bischofsvikar Prälat Dr. Mieczysław Józefczyk aus Elbing vertreten. Piszcz „dokumentierte damit, daß dieser wie andere deutschsprachige Gottesdienste im Einvernehmen und mit Unterstützung des ermländischen Bischofs gefeiert werden dürfen.“[27], heißt es im Bericht über die Veranstaltung im Ermlandbrief. Schwalke, der von einer 24-köpfigen hochrangigen Delegation der Ermlandfamilie aus Deutschland begleitet wird, ist von der großen Zahl der Gläubigen, die zu diesem Gottesdienst kommen, überrascht. Mehr als 500 Personen werden gezählt – „viele von ihnen hatten sich für diesen Mittwochnachmittag extra Urlaub genommen.“[28] Die Teilnehmer freuen sich über die ermländischen Gesangbücher „Lobet den Herrn“, die Prälat Schwalke als Geschenk austeilen lässt. Und sie bereiten ihm einen unvergesslichen Tag. „Unter stehendem Applaus zogen er und die Konzelebranten durch das Hauptschiff aus der Herz-Jesu-Kirche aus.“[29], heißt es im Ermlandbrief. Viele haben Tränen in den Augen. Die Vertreter der Vereine der Deutschen Minderheit haben beim Empfang dann einen großen Wunsch. „Eine der bestimmtesten Fragen [ist], wann der nächste Gottesdienst in deutscher Sprache sei. Ich konnte nur um Geduld bitten.“[30], schreibt Schwalke in seinem Leitartikel der Ermlandbriefe. „Wo aber finden wir Priester, die in deutscher Sprache zelebrieren können und dazu bereit sind und die Erlaubnis bekommen.“[31], fragt er die Ermländer in seinem Beitrag. Es fügt sich. Nur wenige Wochen später kann der Wunsch erfüllt werden. Der Pfarrer von Allenstein-Jomendorf, Prälat Bronisław Magdziarz, wird mit Unterstützung des Bischofs für diese Aufgabe gefunden. Auch zu ihm baut Prälat Schwalke eine enge Freundschaft auf.

 „Der Apostolische Visitator em. Prälat Johannes Schwalke, der jetzige Visitator Msgr. Dr. Lothar Schlegel und ich sind mit unseren Priestern und Ordensfrauen sowie mit Euch allen diesen Weg der Versöhnung weitergegangen. Gemeinsam haben wir dafür gesorgt, dass es seit 1991 auch wieder regelmäßig deutschsprachige Gottesdienste im Ermland gibt.“[32], blickt Bischof Piszcz in einer Grußbotschaft an die Ermländer aus Anlass der Werl-Wallfahrt am 8. Mai 2005 zurück. Und er fügt hinzu: „Mit Eurem Visitator Dr. Lothar Schlegel und auch mit dem emeritierten Apostolischen Visitator Johannes Schwalke gibt es wieder deutsche Domherren in Frauenburg.“[33] Die Urkunde wird Schwalke bei der Wallfahrt durch eine hochrangige Vertretung der polnischen Kurie – Prälat Bronisław Magdziarz und Dr. Julian Żołnierkiewicz – übergeben. Der Bischof verbindet dies mit einem großen Wunsch und Dank. „Unsere Freundschaft, die Freundschaft zwischen deutschen und polnischen Ermländern, soll Beispiel gebend sein.“[34] Diese enge Verbundenheit bleibt auch dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz nicht verborgen. „Mit dem dortigen Erzbischof Edmund

Michael Piszcz (...) verband ihn die gemeinsame Sorge um die Seelsorge vor Ort und um den Aufbau von Partnerschaften.“[35], schreibt Karl Kardinal Lehmann in seinem Kondolenzbrief.

Der Weg dafür wird bereits mit dem Besuch von Papst Johannes Paul II. am 6. Juni 1991 in Allenstein geebnet. Prälat Schwalke gehört zusammen mit mehreren Konsistorialräten und weiteren ermländischen Priester wie Georg Kardinal Sterzinsky zu den Konzelebranten der Heiligen Messe vor dem Allensteiner Stadion mit 300 000 Teilnehmern.  „Es wurde ein strahlender Gottesdienst. Weihbischof Wojtkowski gratulierte mir: ›Sie sind zweimal begrüßt worden, vom Bischof und vom Heiligen Vater!‹ Ich muss mich bei ihm bedanken.“[36], schreibt Schwalke. Er bedauert, dass er nur wenige Worte in Polnisch sprechen kann. „Dennoch bleibt mein Vorsatz, mehr Polnisch zu lernen – einfach der Gleichberechtigung wegen. Verstehen wächst mit der Sprache.“[37], setzt er sich ein Ziel. Den katholischen Gruß „Gelobt sei Jesus Christus“ kann er natürlich perfekt auf Polnisch und unterstreicht damit stets seinen guten Willen.

Der ermländische Erzbischof Dr. Wojciech Ziemba würdigt den deutsch-polnischen Brückenbauer in seinem Kondolenzschreiben, dass sein Vorgänger Dr. Edmund Piszcz bei der Trauerfeier in Daun vorträgt. Ziemba bezeichnet Schwalke als einen Priester, „der auf dem Weg gewesen sei, die Versöhnung der Menschen mit Gott und den Menschen miteinander zu suchen, und dass er seine eigenen Erfahrungen sowie die schmerzvollen Erfahrungen seiner Landsleute großherzig Gott aufzuopfern verstand und auf diese Weise geduldig am Weg der Versöhnung der Völker baute.“[38]

Eng verbunden mit dem Amt als Visitator ist auch der Vorsitz im Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung e.V.. „Unter seiner Leitung  hat dieses ermländische Hilfswerk bedürftige Ermländer in Deutschland und im Ermland unterstützt; die Erhaltung der Heimatkirchen war ihm ein besonderes Anliegen“[39], heißt es nach dem Tod von Prälat Schwalke im Trauerbrief, der im Original vom Visitator Ermland, Domkapitular Msgr. Dr. Lothar Schlegel, vom Dekan des Konsistoriums, Msgr. Rainer Lewald, vom Vorsitzenden des Ermländerrates, Norbert Block, und von Peter Schwalke im Namen der Angehörigen unterzeichnet ist. Dieses Vereinsamt gibt Schwalke erst 2001 ab.

Einem ersten Rücktrittsgesuch als Apostolischer Visitator, den Prälat Schwalke aus gesundheitlichen Gründen beim Papst eingereicht, wird nicht entsprochen. Mit Erreichen des 75. Lebensjahres bietet er – den Statuten für Bischöfe gemäß – dann erneut seine Demission an. Schwalke bereitet die Ermländer darauf schon in der Sommerausgabe der Ermlandbriefe vor. „Der Amtsverzicht des Apostolischen Visitators wurde noch nicht angenommen. Sicher scheint zu sein, daß mit dem Ablauf des bisherigen Statuts der Deutschen Bischofskonferenz es keinen Apostolischen Visitator Ermland mehr geben wird.“[40] Ende 1998 scheidet er daraufhin aus seinem Amt aus. Das Konsistorium Ermland wählt mit Thorsten Neudenberger einen Adminstrator.

Einen vom Vatikan neu ernannten Apostolischen Visitator wird es wie angekündigt nicht mehr geben. Denn gleichzeitig mit dem Ende seiner Amtszeit gibt es einen neuerlichen Umbruch in der Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge. „50 Jahre nach der Vertreibung hat der Heilige Stuhl diese Ausnahmeregelung nicht mehr fortsetzen wollen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat jedoch mit dem Ausscheiden der Visitatoren die Gelegenheit ergriffen, die Heimatvertriebenenseelsorge zu intensivieren und neu zu strukturieren.“[41], schreibt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Professor Dr. Karl Lehmann. Für Apostolischen Protonotar Prälat Schwalke ist dies hingegen eine große Enttäuschung. Er selbst wie auch die Priester, die bis Ende 1998 seiner Jurisdiktion unterstehen, werden mit Wirkung vom 1. Januar 1999 in dem Bistum inkardiniert, in dem sie wohnen oder wirken.[42]

Die Bischofskonferenz kündigt an, „Visitatoren, die für überdiözesane Seelsorge an den in Deutschland lebenden Gläubigen aus den verschiedenen Herkunftsgebieten verantwortlich sind“[43], zu ernennen. Dies bleibt für die Ermländer zunächst jedoch aus. Daher wird Prälat Schwalke vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gebeten, bis zur Ernennung  eines Visitators – sie erfolgt erst zum 1. April 2000 – kommissarischer Leiter der Visitatur Ermland zu bleiben. Im April 1999 zieht er ins Seniorenhaus Regina Protmann in Daun (Eifel) um.

Prälat Schwalke stirbt am 29. Oktober 2007 im Alter von 84 Jahren und wird am 5. November 2007 unter großer Anteilnahme der Ermländer nach dem Totenamt in der Pfarrkirche St. Nikolaus auf dem Friedhof in Daun neben den Gräbern der Katharinenschwestern beigesetzt.

„Zwei Worte prägten das Wirken von Prälat Schwalke: ›et nunc‹ - ›so auch jetzt‹. Im ›et nunc‹ ist die Chance, dem eigenen Leben die Richtung zu geben; ›et nunc‹ entscheiden wir darüber, ob wir Gottes ewige Liebe erreichen.“[44]

Und es wäre nicht Prälat Schwalke, wenn er seinen Wahlspruch, den er sich als Apostolischer Visitator gegeben hat, nicht stets hinterfragt. „Er bittet alle um Vergebung, denen er nicht den ganzen Dienst leisten konnte.“[45], schreibt er zum Ende seiner Amtszeit an seine Ermländer.


[1] Dr. Norbert Matern: „Ich bin Ermländer, ich bin katholisch“, in: Kulturpolitische Korrespondenz, Nr. 1248, Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Raum (OKR), Königswinter, 2007, Seite 9.

[2] Norbert Polomski: Erinnerungen an Prälat Schwalke, in: Ermlandbriefe, Ostern 2008/2, Visitator Ermland, Münster 2008, Seite 4.

[3] Johannes Schwalke: „Was hast du, das du nicht empfangen hättest?“ (1 Kor 4,7), in: Gerhard Heger (Hsrg.):  Wie Bischöfe beten – Überlegungen und Zeugnisse, Offsetdruck Dorfmeister, Tittling, o.A. (1989), Seite 91.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Ebd.

[7] Johannes Schwalke: „Was hast du, das du nicht empfangen hättest?“ (1 Kor 4,7), in: Gerhard Heger (Hsrg.):  Wie Bischöfe beten – Überlegungen und Zeugnisse, Offsetdruck Dorfmeister, Tittling, o.A. (1989), Seite 92.

[8] Johannes Preuß: Ermlands kirchliches und geistiges Erbe bleibt erhalten!, Ermlandbriefe, Pfingsten 1975, Apostolischer Visitator der Ermländer, Münster 1975, Seite 1.

[9] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Schwalke |zuletzt eingesehen: 20.10.2017.

[10] Dekret der Hl. Kongregation der Bischöfe, Prot. Nr. 265/75, in: Johannes Preuß: Ermlands kirchliches und geistiges Erbe bleibt erhalten!, in: Ermlandbriefe, Pfingsten 1975, Apostolischer Visitator der Ermländer, Münster 1975, Seite 1.

[11] Johannes Preuß: Ermlands kirchliches und geistiges Erbe bleibt erhalten!, in: Ermlandbriefe, Pfingsten 1975, Apostolischer Visitator der Ermländer, Münster 1975, Seite 1.

[12] Ebd.

[13] Ebd.

[14] Dr. Norbert Matern: „Ich bin Ermländer, ich bin katholisch“, in: Kulturpolitische Korrespondenz, Nr. 1248, Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Raum (OKR), Königswinter, 2007, Seite 10.

[15] O.A.: Prälat Johannes Schwalke †, in: Ermlandbriefe, Ostern 2008/1,  Visitator Ermland, Münster 2008, Seite 4.

[16] Dr. Norbert Matern: „Ich bin Ermländer, ich bin katholisch“, in: Kulturpolitische Korrespondenz, Nr. 1248, Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Raum (OKR), Königswinter, 2007, Seite 10.

[17] Ebd.

[18] Norbert Block, Trauerrede bei Beisetzung von Prälat Schwalke, Daun, 2007, in: Ordner Ermländerrat, Juli 2006 – Februar 2008, Archiv Block, Bad Berka.

[19] Norbert Polomski: Erinnerungen an Prälat Schwalke, in: Ermlandbriefe, Ostern 2008/2, Visitator Ermland, Münster 2008, Seite 4.

[20] Ebd.

[21] Ebd.

[22] Ebd.

[23] Ebd.

[24] Dr. Norbert Matern: „Ich bin Ermländer, ich bin katholisch“, in: Kulturpolitische Korrespondenz, Nr. 1248, Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Raum (OKR), Königswinter, 2007, Seite 10.

[25] Vgl. Norbert Block, Trauerrede bei Beisetzung von Prälat Schwalke, Daun, 2007, in: Ordner Ermländerrat, Juli 2006 – Februar 2008, Archiv Block, Bad Berka.

[26] Dr. Norbert Matern: „Ich bin Ermländer, ich bin katholisch“, in: Kulturpolitische Korrespondenz, Nr. 1248, Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Raum (OKR), Königswinter, 2007, Seite 11.

[27] Norbert Block: Eingeladen von Bischof Piszcz, in: Ermlandbriefe, Sommer 1991/3, Apostolischer Visitator der Ermländer, Münster 1993, Seite 4.

[28] Ebd.

[29] Ebd.

[30] Johannes Schwalke: Noch nie dagewesen und erlebt, in: Ermlandbriefe, Sommer 1991/3, Apostolischer Visitator der Ermländer, Münster 1993, Seite 2.

[31] Ebd.

[32] Dr. Edmund Piszcz: o.T., Brief an die Ermländer, 27. April 2005; in: Ermlandbriefe, Sommer 2005/3, Visitator Ermland, Münster 2005, Seite 7.

[33] Ebd.

[34] Ebd.

[35] Karl Kardinal Lehmann, Kondolenzschreiben, in: O.A.: Prälat Johannes Schwalke †, in: Ermlandbriefe, Ostern 2008/1, Visitator Ermland, Münster 2008, Seite 4.

[36] Johannes Schwalke: Noch nie dagewesen und erlebt, in: Ermlandbriefe, Sommer 1991/3, Apostolischer Visitator der Ermländer, Münster 1993, Seite 2.

[37] Ebd.

[38] O.A.: Prälat Johannes Schwalke †, in: Ermlandbriefe, Ostern 2008/1,  Visitator Ermland, Münster 2008, Seite 4.

[39] Trauerbrief, in: Ermlandbriefe, Weihnachten 2007/4, Visitator Ermland, Münster 2007, Seite 4; Original in: Ordner Ermländerrat, Juli 2006 – Februar 2008, Archiv Block, Bad Berka.

[40] Johannes Schwalke: Wir machen weiter, in: Ermlandbriefe, Sommer 1998/3, Apostolischer Visitator der Ermländer, Münster 1998, Seite 1.

[41] Prof. Dr. Karl Lehmann: Die Kirche inmitten von Vertreibungsschicksal und Flüchtlingselend, in: Kirche und Heimat – Die katholische Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge in Deutschland, Arbeitshilfe 146, Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn, 1999, Seite 10.

[42] Vgl. P. Dr. Hans Langendörfer: Die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, in: Kirche und Heimat – Die katholische Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge in Deutschland, Arbeitshilfe 146, Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn, 1999, Seite 35.

[43] Ebd., Seite 34.

[44] Der Visitator Ermland, Danksagung, November 2007, in: Ordner Ermländerrat, Juli 2006 – Februar 2008, Archiv Block, Bad Berka.

[45] Johannes Schwalke: Wir machen weiter, in: Ermlandbriefe, Sommer 1998/3, Apostolischer Visitator der Ermländer, Münster 1998, Seite 1.

Brückenbauer zwischen Deutschen und Polen

Der ehemalige Apostolische Visitator für die Heimatvertriebenen und deren Nachkommen aus der Diözese Ermland (Ostpreußen), Prälat Johannes Schwalke, ist wie kein anderer Visitator in seiner Amtszeit zum Brückenbauer zwischen Deutschen und Polen geworden. Seine persönlich aufgebaute Freundschaft zum polnischen Erzbischof von Ermland, Dr. Edmund Piszcz, hat maßgeblich zum Versöhnungsprozess beigetragen. So konnte schon unmittelbar nach der Wende aus Anlass des Papstbesuches im Jahre 1991 der erste deutschsprachige Gottesdienst für die deutsche Minderheit im Ermland gefeiert worden. Seitdem gibt es regelmäßig Heilige Messen in deutscher Sprache. Die Gottesdienste hält inzwischen ein deutscher Priester. Prälat Schwalke war 1975 vom Papst zum Visitator ernannt worden und gehörte bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt Ende 1998 der Deutschen Bischofskonferenz an.

Seine Aufgabe als Seelsorger für die Ermlandfamilie nahm Prälat Schwalke sehr ernst. An fast allen Wochenenden fuhr er bundesweit zu Treffen der Ermländer, die immer mit einem oder mehreren Gottesdiensten verbunden sind. Als gleichzeitiger Jugendseelsorger für die Gemeinschaft Junges Ermland hat er Hunderte junger Katholiken in ihrem Glauben bestärkt. Bis März 2001 war er zudem Vorsitzender der Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung e.V., dem ermländischen Hilfswerk.

Johannes Schwalke erblickte am 15. Januar 1923 im Marienwallfahrtsort Dietrichswalde (Kreis Allenstein, Ostpreußen) das Licht der Welt. 1941 bestand der Sohn einer Lehrerfamilie in Rößel das Abitur. Er studierte daraufhin drei Semester Medizin. 1942 wurde er zum Wehrdienst eingezogen. Während des  Zweiten Weltkrieges wuchs bei dem jungen Sanitäter der Wunsch, Priester zu werden. 1946 ging er, aus französischer Kriegsgefangenschaft kommend, nach Freiburg/Breisgau. Erzbischof Gröber nahm ihn persönlich in das Theologenkonvikt auf. Fünf Jahre später weihte ihn Erzbischof Wendelin Rauch am 24. Juni 1951 zum Priester für das Bistum Ermland. Bis 1958 als Kaplan und danach bis 1973 als Pfarrverweser leistete Schwalke an unterschiedlichen Orten im Erzbistum Freiburg seinen priesterlichen Dienst. 1973 wurde er vom damaligen Apostolischen Visitator Ermland, Prälat Paul Hoppe, als Priester ins Ermlandhaus Münster, der Zentrale der Ermlandfamilie, berufen. Zwei Jahre später wurde Prälat Schwalke der Nachfolger von Prälat Hoppe. Mit Erreichen seines 75. Geburtstag bot Schwalke den Statuten für Bischöfe gemäß dem Papst seinen  Rücktritt an. Ende 1998 ging er in den Ruhestand. Seit April 1999 lebt er im Seniorenhaus Regina Protmann in Daun (Eifel). Bis zur Ernennung  seines Nachfolgers Dr. Lothar Schlegel durch die Deutsche Bischofskonferenz blieb Schwalke bis zum 31. März 2000 kommissarischer Leiter der Visitatur Ermland. Prälat Schwalke war danach weiterhin als Seelsorger aktiv und nahm in vielen Orten der Bundesrepublik an Treffen der Ermländer teil.   Prälat Schwalke stirbt am 29. Oktober 2007 im Alter von 84 Jahren in Daun / Eifel und wird unter großer Anteilnahme der Ermländer auf dem dortigen Friedhof beigesetzt.    

Msgr. Dr. Lothar Hans Peter Schlegel

Msgr. Dr. Lothar Schlegel

Nachdem Papst Johannes Paul II. per Dekret die Ämter der Apostolischen Visitatoren zum 31. Dezember 1998 auslaufen ließ, gab es bei den Ermländern eine Vakanz. Prälat Johannes Schwalke leitete auf Bitte des Vositzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) die Ermländerseelsorge zunächst kommissarisch weiter, bis die DBK zum 1. April 2000 Msgr. Dr. Lothar Schlegel zum Visitator für Priester und Gläubige aus dem Bistum Ermland ernannte (2000 - 2011). Im Jahr 2010 bekam er zudem die Verantwortung als Visitator für Danzig (2010 - 2011) und Schneidemühl (2010 - 2011). Mit Erreichen der Altersgrenze schied Msgr. Dr. Lothar Schlegel im Oktober 2011 aus dem Amt aus. Das Amt blieb vakant, ehe die Deutsche Bischofskonferenz im Jahr 2013 mitteilte, dass sie keinen Visitator mehr für Ermland, Danzig und Schneidemühl ernennen will.

Lebendaten im Überblick:

1941 geboren in Freimarkt (Krs. Heilsberg, Ostpreußen), Sohn der Eheleute Johannes S. und Lucia (geb. Wölke) Schlegel
1962 Studium der Theologie in Paderborn und München
1968 Priesterweihe in Paderborn für die Diözese Paderborn; Vikar in Dortmund
seit 1971 Gymnasiallehrer für Katholische Religion und Sozialwissenschaften in Herne
1990 Konsistorialrat beim Apostolischen Visitator für Klerus und Gläubige der Diözese Ermland
1998 Ehrendomherr des Ermländischen Metropolitankapitels, Frauenburg / Allenstein
2000 Visitator für Klerus und Gläubige aus der Diözese Ermland
2002 Päpstlicher Ehrenkaplan
2010 Zusätzlich Visitator für die Katholiken aus der Freien Prälatur Schneidemühl und der Diözese Danzig.
2011 Entpflichtung vom Amt nach Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren

 

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